10. [Rework in Progress] König der Gewürze

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Zwei lange Banketttische füllten den Speisesaal nahezu vollständig aus. Sie erstreckten sich von einer Wand bis zur nächsten. Drei Kamine kämpften gegen den Sturm, der sich gegen die Fenster drückte. Die Außenwelt war nichts als weißes Treiben.

Es hatten sich noch einige weitere Wissenschaftler hinzugesellt. Der Saal war vielleicht zu einem Drittel gefüllt. Mehrere junge Forscherinnen und Forscher hatten sich zur Archivarin gesetzt. Ein weiteres Grüppchen sammelte sich um Nathan, der einen seiner Fälle von vor der Zeit im Institut zum Besten gab. Die Pathologen waren unter sich, führten dafür aber ein erst recht angeregtes Gespräch unter sich dreien. Einen alten Barsch vermisste ich im Saal.

Mürze hatte sich vor einer Weile zu uns gesetzt und verzehrte genüsslich den letzten Bissen eines fantastischen Schmorbratens.

"Chefkoch Mürze, der König der Gewürze, wie er leibt und lebt", sagte Robert mit einem breiten Grinsen. "Ich weiß, ich wiederhol mich. Aber deine Kochkunst haut mich immer wieder aus den Latschen."

Mürze, knapp doppelt so alt wie Robert, nahm das Kompliment mit einem zufriedenen Schmunzeln. "Danke."

Wie gut er kochen kann, war eine nebenläufige Entdeckung. Kurz nachdem ich Leiter des Instituts geworden war, also vor knapp fünf Jahren, hatten wir uns im Hafen von Donnerhagen kennengelernt. Da die Fischerei dort dem Wetter zum Opfer fiel, war er drauf und dran dem Alkohol anheimzufallen. Als Dankeschön für den Arbeitsplatz im Institut kochte er für uns. Seit diesem ersten Essen kennt man ihn im Institut als Chefkoch Mürze, der König der Gewürze.

"Hast du noch eine Portion für den alten Barsch?", fragte ich, nachdem Mürze sein Besteck zur Seite gelegt hatte.

"Ist warm gestellt."

"Ausgezeichnet. Bei der reichen Ernte wird er die Zeit vergessen haben."

"Ja, wahrscheinlich. Wann werdet ihr aufbrechen?", fragte er an mich und Leon gerichtet.

"Mit dem nächsten Express nach Hardon ... Äh ... Welches Datum haben wir?"

"20. Duodecimus." Das Jahr auf Perusta war in 14 Monate gleicher Länge geteilt. Duodecimus war der zwölfte Monat und damit mitten in der Winterzeit. Der Zwanzigste ist in jedem Monat ein Samstag.

"Dann wohl Montagmittag. Sonntags fährt ja keiner."

"Montag schon?", fragte Robert überrascht.

Ich nickte. "Ich befürchte, das Ganze wird in Hardon so langsam ein Politikum. Ganz zu schweigen vom Interesse des Imperiums."

"Ich möchte mitkommen", sagte Robert.

"Ähm ..." Ich lehnte mich etwas zurück. "Ich hatte so etwas befürchtet."

Sein fester Blick schien keine Fragen zulassen zu wollen.

Ich hatte ihm eine neue Lebensfreiheit schenken wollen, erinnerte ich mich selbst. "Es wird gefährlich. Und ich kann nicht für deine Sicherheit garantieren", ermahnte ich ihn. Ich knicke zu schnell ein ... "Aber wie ich sehe, wirst du darauf bestehen."

"Du könntest sterben", sagte Leon frei heraus. Worte der Warnung, gesprochen mit nüchternem Ernst. Eingeschüchtert senkte Robert seinen Blick auf sein Glas. Drehte es auf dem Tisch. "Es ist ein Auftrag vom Hohen Rat an den Korrektor Richard Thal persönlich. Du hast gehört, was mit den letzten Korrektoren passiert ist", setzte Leon nach. "Selbst für ausgebildete Korrektoren ist es eine Kamikaze-Mission."

Robert ließ sich seinen egoistischen Wunsch auf der Zunge zergehen. Auch wenn er nur die entfernteste Ahnung davon hatte, wie sich Todesangst anfühlte, so kannte er doch ein Leben in Angst. "Realistisch betrachtet bin ich totes Gewicht. Im schlimmsten Fall eine Gefährdung für das ganze Team. Ich weiß, aber ich ... ich ..."

"Aus strategischer Sicht ist es ein zweischneidiges Schwert" sprach ich meine Gedanken offen aus. "Ja, in einem Kampf bringst du kein taktisches Gewicht auf die Waage. Aber eine weitere vertrauenswürdige Person, die zumal in Hardon unbekannt ist, könnte von Vorteil sein."

Leon nickte.

"Wir stehen mit Hardon zwar auf einer soliden Allianz. Aber innerhalb von Hardon herrscht zurzeit ein heißer Machtkampf. Ein Machtkampf, der uns keine neutrale Option lässt. Nicht jeder wird erfreut sein über unser Erscheinen dort." Ich schaute zu Leon. "Vor allem nicht über mich."

Er nickte erneut.

"Als Leiter des Himmelsinstituts rate ich dir davon ab, dich an diesem Auftrag zu beteiligen. Dein Talent diesem Risiko auszusetzen, Monate nachdem wir dich außer Landes geschmuggelt haben, ist töricht. Ach idiotisch. Vielleicht sogar eine Verletzung meiner Pflicht als Korrektor dir gegenüber. Aber du hast auch deine eigenen Wünsche. - Als Korrektor bitte ich dich morgen an der Vorbereitungsbesprechung teilzunehmen. Dann sehen wir weiter."

Ich klopfte auf den Tisch. "Dann geh’ ich mal zum alten Barsch. Kennst du ihn schon?", fragte ich in Richtung von Robert. Emotionen flackerten über sein Gesicht. Ich vermutete eine Mischung aus Sorge, Erleichterung und Vorfreude. Oberflächlich zweifelte ich an meiner Entscheidung. Doch etwas in mir sagte, dass diese Entscheidung die Richtige sein würde. Und es war sicher nicht Hammthal.

"Hmm … mhm nö. Ich glaub nich."

Ich signalisierte ihm mit einer kleinen Kopfbewegung, mir zu folgen.

"Bis morgen, Leon", verabschiedete ich mich. Zu Mürze zugewandt: "Danke, König der Gewürze. Euch beiden noch eine gute Nacht."

"Danke, euch auch."

Leon nickte schlicht.

Die Küche war direkt nebenan. Zentral im Raum war eine Kochinsel situiert. Zu meiner Linken an der Wand waren zwei aufeinander gestapelte Öfen. Ein Wärmeschrank, Spüle und Arbeitsflächen. Ich holte das letzte Tablett aus dem Wärmeschrank und stellte es für einen Moment auf die Kochinsel.

"Könntest du etwas aus meinem Büro holen?"

"Klar."

"Vor dem Kamin stehend ist links ein Schrank. In der obersten Schublade sollten Westen sein. Bring davon bitte zwei runter."

"Oh, okay. Mäntel auch?"

"Die Westen sollten reichen."

Er konnte sich nicht wirklich vorstellen, wie das reichen sollte. Aber er tat wie ihm geheißen.

Ich holte aus einem der Schränke der Kochinsel fünf rot schimmernde Kristalle. Vom Herd nahm ich das Kristallfeuerzeug. Ähnlich einem Sturmfeuerzeug klappte ich den Deckel zurück. Es wurde ein sechskantiger, spitz zulaufender Kristall sichtbar. Dieser Kristall begann unvermittelt in kraftvollen Impulsen rot zu leuchten. Nach und nach hielt ich ihn an die fünf Kristalle, die ich um den Teller platziert hatte. Sie begannen ähnlich pulsierend zu leuchten. Ich klappte das Kristallfeuerzeug wieder zu und hielt meine Hand über den Teller und zog sie schnell wieder weg. Uh, heiß.

Mit Besteck in der Hosentasche deckte ich das Tablett mit einer metallenen Haube ab. Robert, gerade hereinkommend, reichte mir eine der Westen. Von außen sahen sie unscheinbar aus. Zu dünn, um bei einem Sturm warmzuhalten. Sie wiesen eine weiß-graue Musterung auf, wie sie auch bei der Winterausrüstung für Korrektoren im Kampfeinsatz verwendet wurde.

Wir bewegten uns auf den Gang zum rechten Flügel des Institutsgebäudes zu.

"Offiziell sind das noch Prototypen, aber sie sind eine meiner ersten Erfindungen fürs Institut."

Robert tastete auf der Oberfläche der Weste entlang.

"Ja, im Kern geht es um den Draht, den du da fühlst."

Unter der dünnen Fütterung lang ein grobmaschiges Netz an Drähten, die zum Rücken führten.

Im Gang angekommen, bot sich uns auf halbem Weg eine Tür zum Innenhof an. Der Hof, den wir eben noch wegen des Schneetreibens nicht sehen konnten.

"Drück gegen deine linke Brust."

Die Temperatur um uns herum sank merklich.

"Die kühlende Wirkung mag kontraproduktiv wirken, aber ..." Ich wollte die Tür langsam öffnen, doch der Durchzug hatte andere Pläne. Die Tür schwang auf und entglitt mir fast völlig, samt Tablett. "Uhoha ..."

"Wahnsinn."

Die auf uns zufliegende Wand aus Schnee machte einen Bogen um uns. Nicht eine Flocke erreichte uns, was man vom Gang nicht behaupten konnte. Der bereits liegende Schnee wurde vor unseren Füßen niedergedrückt oder schob sich alternativ in einer Kugel an uns vorbei, wenn sich die Gelegenheit für ihn bot. Die ersten Schritte kämpften wir von der Ebene des Gangs zu einigen dutzenden Zentimetern Schnee über dem Boden. Stück für Stück bewegten wir uns so, zwar kühl, aber nicht bitterkalt, durch den Innenhof. Nur beim Sehen halfen die Westen gar nicht. Einen Schritt weiter auseinander und der Schneesturm würde uns voneinander trennen. Sollten die Westen wider Erwarten ausgehen, sah es schlecht aus für uns.

Ich deutete auf zwei dunkelblaue Kristalle am Kragen der Weste. Sie waren ungefähr auf der Höhe unseres Adamsapfels. Auf den ersten Blick sahen sie wie Deko aus. Nicht größer als der Fingernagel eines kleinen Fingers, gefasst in Silber. Nach einem leichten drücken: "Test. Test. Kannst du mich hören?"

"Oh ... Ja, du mich auch?"

"Jap." Diese Technologie erlaubte eine Kommunikation über kurze Distanzen ohne einen Verstärkerkristall, wie er zum Beispiel in Zügen eingesetzt wird. Praktisch gesehen, hätten wir uns auch sparen können, die Lippen zu bewegen. "Was hast du die letzten Monate eigentlich so gemacht? - Ich weiß, merkwürdige Frage, aber ich war nicht wirklich dabei."

"Hmmm ... Hammthal hat mich durchs Institut geführt. Mich mit den einzelnen Forschungsfeldern vertraut gemacht. Die meiste Zeit hing ich jedoch im Archiv. Einige der Berichte dort kommen mir verdächtig bekannt vor. Andere waren hingegen schon wieder kryptisch. Besonders dieses eine Notizbuch. Ich weiß nicht, ob du es kennst. Hat schon bessere Zeiten gesehen. Zerfledderter Einband, eine Art Tagebuch würde ich sagen."

Es gibt noch eins deiner Notizbücher?!, fragte ich Hammthal.

Mhm, scheinbar.

Scheinbar?, fragte ich verdutzt.

Du, in dem Prozess hatte ich den Kopf woanders. Dass ich es überhaupt schreiben konnte, gleicht einem Wunder.

Das ist dann wohl das Original, resümierte ich.

Sieht so aus.

Das Archiv verliert nichts, stellte ich fest.

Außer, es haut selbst ab, schob Hammthal selbstironisch nach.

"Und was hat dein Interesse daran geweckt?", fragte ich Robert.

"Es scheint den Prozess zu beschreiben, wie aus Seelenflammen ein Flammenkristall wird. Zumindest zwischen den Zeilen. Das ist ähnlich zu meinen Experimenten, aus minderwertigen Kristallen hochwertige zu machen. Bei meinen Experimenten setze ich minderwertige Kristalle bei hohem Druck den Flammen desselben Typs aus. Bei diesem Notizbuch werden jedoch aus Flammen Kristalle. In einem Flammenorgan?"

Das Notizbuch muss unter Verschluss, stellte ich fest.

Ja, pflichtete mir Hammthal bei.

Hast du ihm auf die Sprünge geholfen?

Oh, Himmel nein. Nachdem ich ihn im Bälleparadies abgegeben hatte, stand mir das Korrektorat und unser Zerfall auf den Füßen.

"Möglich, ich hab dieses Buch scheinbar noch nicht gelesen. Macht aber soweit Sinn", antwortete ich auf seine Frage bewusst vage. Ich wusste, dass Hammthal, als er noch ein Mensch war, aus seinem Flammenorgan einen Flammenkristall geformt hatte. Der Flammenkristall, der heute in meiner Brust steckte und der Körper des Seelendämons Hammthal war.

Bei der Menge an Karten, die schon offen auf dem Tisch lagen, hätte ich ihm seine Frage eigentlich auch ehrlich beantworten können. Das Versteckspiel und um den heißen Brei reden war schon fast zu einem Instinkt geworden. Zugegebenermaßen nicht unbedingt der beste Instinkt.

"Im Endeffekt dürfte das auch mehr oder weniger der natürliche Prozess für Kristalladern sein. An deren Entstehung hatte ich mich orientiert, jedoch nur den Druck und die Flammenart bedacht", resümierte Robert.

Wir hatten den Innenhof durchquert und folgten nun einer Steigung im Kreis einen kleinen Hügel hinauf. An deren Spitze wurde langsam die Silhouette eines Turmes sichtbar. In der Nähe des Turms wurde der Schneesturm Stück für Stück lichter.

"Wenn Kristalle essenziell eine feste Form von Flammen sind. Dann sollten wir aus minderwertigen Kristallen Seelenflammen machen und diese in etwas Höherwertiges kristallisieren lassen können", fasste er seine Gedanken zusammen.

"Bleiben nur zwei Probleme."

"Wie machen wir Kristalle mechanisch zu Flammen und dann wieder zu Kristallen."

"Du solltest mit Julius sprechen. Er hat vielleicht aus dem Studium der Flammenorgane eine Idee."

"Das wäre das erste Mal, dass ich mich gezielt dahin verirre."

"Alle Wege führen zur Pathologie", wiederholte ich einen morbiden Witz von Julius.

"Ja, das meinte er damals auch."

Wir traten aus dem Schneesturm auf grünes Gras. Wie eine Wand wimmelte hinter uns und im Kreis um den Turm der Schnee. Durch den Schnee verdeckt, machte ich am Rand dieses Kreises Schemen von sich sammelnden Schneemassen aus. Gebilde, an denen sich der Schnee zu sammeln schien.

"Surreal."

Robert hielt die Hand in den Schneesturm. Schneebedeckt zog er sie zurück. Durch seine Körperwärme schmolz er schnell wieder ab.

Der Himmelsturm war das Herzstück des Himmelsinstituts und Namensgeber. Wir traten ein, deaktivierten unsere Westen und fanden uns nach einem kurzen Gang im Zentrum des Turms. Der Himmelsturm war essenziell zwei ineinander steckende, sich verjüngende Zylinder. Zwischen den beiden Zylindern waren Räume und Treppen, um bis nach oben zu kommen. Der zentrale Raum nahm ganze 200 Meter im Durchmesser ein. Dort in der Mitte saßen sechs gigantische Kristalle. Einer für jede normal vorkommende Flammenfarbe. Die Kristalle waren knapp sechs Meter hoch. Man würde schon eine Menschenkette aus sieben Erwachsenen brauchen, um einen einzelnen Kristall zu umschließen, so massiv waren die Ausmaße. Im Boden waren sie in Gestellen aus der bewährten Kristalllegierung verankert. Mächtige Kabel führten im Boden eingelassen von den Gestellen in jede Richtung aus dem Turm heraus.

Auf einem erhöhten Arbeitsplatz zu unserer Rechten saß jemand. Das funzelige Licht einer Schalttafel beleuchtete ihn.

"Hey Mark, alter Barsch."

"Richard!" Eine für einen Mann vergleichsweise hohe Stimme. Die Gestalt sprang vom Drehstuhl und kam zu uns an den Rand der erhöhten Plattform. Er war für uns hier unten ungefähr auf Gesichtshöhe. Auf gleicher Bodenhöhe würde er nur knapp über unsere Hüfte reichen. Mit dem Alter war Mark Barsch geschrumpft. Heute ist er mit knapp über achtzig der Einzige, der noch unter Thal Hamm gearbeitet hatte.

"Wie ich sehe, hast du deinen Enkel besucht. Wie geht's ihm?", fragte ich.

"Ach, dem Robin geht's gut. Wunderbar ja. Sein Geschäft floriert. Wer ist denn unser junger Forschergeist hier?"

"Darf ich vorstellen, Robert."

"Guten Abend", grüßte Robert etwas perplex.

"Freut mich. Mark Barsch mein Name. Halb Mann, halb Bart."

Sein Bart machte Zweidrittel seines Gesichts aus. So wie sich der Bart im funzelig flackernden Licht der Kristalle legte, hatte er gerade ein breites Grinsen im Gesicht.

"Willst du ihn mal anfassen? Der ist super flauschig."

"Ich, äh ... Nein, danke. Danke für das Angebot."

"Sein Enkel ist Barbier", erklärte ich.

"Berlon, die Stadt mit den weichsten Bärten!", ergänzte Mark stolz.

Ob der Absurdität, die in Roberts Gesicht Bände sprach, musste ich lachen.

"Sag Richard, was führt dich her?", fragte Mark, ob der Situation gut gelaunt.

Ich hob das Tablett zu ihm hoch.

"Oh, Essen! Da werd ich dem König unseres Hauses später danken müssen."

Ich nickte.

Mark brachte das Essen zu seinem Arbeitsplatz. Ernsthaftigkeit kehrte in Marks Stimme ein. "Grüß Thal von mir, Richard. Mit ihm die letzten Wochen mal wieder eine Tasse Tee trinken zu können, war herzerwärmend."

Meine Augen weiteten sich vor Erstaunen.

Er hatte mich bei unserem ersten Aufeinandertreffen schon als Thal Hamm erkannt. Ich hab ihm nichts über unsere Situation erklärt. Geschweige denn, dass ich nun ein Seelendämon bin. Er schien aber auch nicht daran interessiert zu sein, kommentierte Hammthal.

"Ich richte es ihm aus. Mit Sicherheit war die Freude ganz seinerseits."

"Der alte Hase war wie jung geblieben. Schön, schön." Mark kramte in einer Schublade. "Wo ist denn?" Klimpern und Rascheln.

Ich fühlte auch in meinen Hosentaschen. Doch das Kristallfeuerzeug hatte ich nicht eingesteckt.

"Soll ich?", bot Robert an und stieg auf die Plattform.

"Das wär lieb, Jungspund."

Robert berührte die Kristalle auf dem Tablett.

"Hhhmmmmmm ...", brummte er leise. Sichtlich konzentriert. Es dauerte einen Moment, doch langsam fingen die Kristalle wieder rot zu pulsieren an.

Er ist Flammenbeherrscher?! Darauf würde ich ihn bei ruhiger Minute ansprechen. Formelles Training schien er nie erhalten zu haben.

Mit dem Essen wieder warmgestellt, wendeten wir uns den Kristallen in der Raummitte zu.

"Der Himmelsturm", setzte Mark an. Wir drei schauten achtungsvoll zu den Kristallen hinauf.

"Er sammelt Seelenflammen aus der Umgebung", begann Mark zu erklären. "Das mechanische Äquivalent zu dem, was Flammenbeherrscher in mühevoller Kleinarbeit erlernen. Nur in industriellem Maßstab."

"Welchen Wirkungsgrad hat es?", fragte Robert.

"12,5 % - Genug, um das Wetter zu beeinflussen", präsentierte Mark stolz. "Deswegen ist der Sturm um das Institut so besonders intensiv."

"Es zieht den Sturm an?!"

"Ja, besonders für Gewitter und Schneestürme sind wir wie ein Magnet", meinte Mark.

"Wir ernten die gelben Flammen aus Gewittern und die seltenen blauen Flammen aus Schneestürmen", erklärte ich.

"Aber wofür sind dann die anderen Kristalle?", fragte Robert daraufhin.

"Jede Flammenfarbe ist in der Umgebung vertreten. Wenn auch manche wie Violett verschwindend gering", antwortete Mark.

"Damit könnten ganze Städte geschützt werden", schlussfolgerte Robert prompt.

Die Wetterphänomene auf Perusta sind mitunter extrem. Einer der Hauptgründe, warum sich das Leben in Städten konzentriert. Dörfer dienen in der Regel nur der Nahrungsproduktion und als Zwischenstopp für fahrende Händler.

"Wenn wir mehr solcher Kristalle hätten, durchaus", meinte ich.

"Die sind unbezahlbar. Pro Kristallader findet man vielleicht zwei solcher Exemplare. Wenn man Glück hat", führte Mark aus. "Drum behalt das besser für dich, Jungspund."

"Natürlich."

*Gnarl*, machte sich Marks Magen bemerkbar. "Ich ... ich sollte essen."

"Lass es dir schmecken. Wir müssen bei nächster Gelegenheit wieder einen Tee trinken."

"Gern, Richard."

Leider würde es durch die vor uns liegende Operation dazu nicht mehr kommen. Das Alter fordert irgendwann von jedem seinen Tribut. Möge er in den Armen der Mutter des Nichts zur Ruhe gekommen sein.

Diese Geschichte schließt an Operation Sublimierung an. Siehe hierfür: https://www.worldanvil.com/community/manuscripts/read/2223665389-midnightplay-operation3A-sublimierung
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