Ein nächtlicher Druide

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Sillana würde Recht behalten. Die Belästigungen, erst verbal und dann körperlich, nahmen von den älteren Schülern immer mehr zu. Dabei waren sie so schlau, sich nicht von den Meistern erwischen zu lassen. Gavín fand jedoch, dass solche Leute nicht lange ihren Schabernack treiben dürften und versuchte Sillana zu schützen, mit all seinem Wissen und seinen Fähigkeiten.

Das beinhaltete neben den druidischen Fähigkeiten und seinem Wissen auch das der Silberfische und seiner Tätigkeiten. Er schadete ihnen nicht direkt, sondern störte Experimente, tauschte Materialien in den Laboren aus, veränderte Bestellungen oder war sogar aktiv daran beteiligt, dass Lieferungen sie nicht erreichten oder erst so spät, dass es ihre Noten und ihre generelle Leistung beeinträchtigte.

Was Gavín allerdings nicht bedacht hatte war der Umstand, dass ein großer Teil der Schüler aus dem Adel oder aus reichen Familien kam und entsprechend Geld zur Verfügung hatte. Was nicht nur bedeutete, dass sie sich mehr Materialien leisten konnten, als Gavín je sehen würde, aber auch, dass sie Leute anheuern konnten, die entweder in ihrem Dienst standen und Lieferungen persönlich brachten oder nur dazu da waren, um Ausschau zu halten und Bericht zu erstatten.

Vielleicht hatte Sergius Gavín so oder so im Verdacht gehabt oder ihm nie verziehen, dass er damals Sillana vor ihm gerettet hatte und immer noch intervenierte. Die Anfeindungen waren schließlich weitergegangen und Gavín war nicht gewillt, auch nur im Entferntesten aufzuhören. Nicht nach Diana und Anette.

Leider war Sergius weder dumm noch arm, sodass er versuchte, Gavín nicht direkt anzugreifen, sondern seine Reputation zu schädigen. Zuerst waren es Gerüchte. Er würde nackt im Mondlicht in Hühnerblut baden. Er würde Dämonen anbeten, rohe Kartoffeln essen und aufgrund seiner Armut sich weder waschen noch vernünftige Kleidung besitzen, sodass er ständig nach Schweiß und Ausfluss stinken würde.

Was natürlich alles nicht stimmte, sich aber hartnäckig hielt. Das einzige Gerücht, was Gavín tatsächlich befeuerte, waren seine starken Heilkräfte, was ihm auch "private" Patienten einbrachte, die nicht zur Medica kommen wollten. Besonders Krankheiten der südlichen Regionen, durch Kopulation oder Unreinheit hervorgerufen, waren besonders häufig. Gavín machte das wenig aus, er hatte Blut und Eingeweide gesehen und in der Hand gehabt, da schockte ihn wenig. Seinen Patienten sagte er das in einer etwas anderen Art, aber die meisten ließen sich behandeln und das war gut für beide Seiten. 

Wenn Gavín nicht gerade lernte, in und außerhalb der Medica Schüler und Meister behandelte oder Sergius und seine Freunde ärgerte, so unternahm er Botengänge. Oftmals war es legal, denn dann handelte es sich um Bücher, Schreibzeug, Süßigkeiten oder Material für die Labore. Seine nicht ganz so legalen, teilweise illegalen Botengänge betrafen seltene, gefährliche oder verbotene Materialien, Bücher, kleinere Kunstgegenstände oder Briefe, in denen Gefallen enthalten waren von einer Person zur anderen.

Während dieser Unternehmungen erfuhr er vieles von der Außenwelt. Nachrichten wurden von den Meistern selten weitergegeben und eine regelmäßige Zeitung gab es durch den Wanurim'schen Krieg nicht mehr. Was leider auch eines der Hauptthemen war. Der Krieg selbst schwelte vor sich hin, denn trotz ihrer Überlegenheit und ihrer Waffen erlitten die Truppen der Wanurim starke Verluste. Keine Seite gewann die Oberhand, was immer mehr menschliche Verluste bedeutete. Keines der anderen Völker griff ein, wobei es Verhandlungen auf neutralem Boden gegeben hatte.

Sanktionen waren die Folge, was den Handel empfindlich störte und viele Waren knapp, überteuert, oder völlig verschwinden ließ. Dennoch kam es zu einer Art Waffenruhe, die aber auf keiner Grundlage beruhte. Im Grunde leckten sich beide Seiten ihre Wunden und warteten auf einen Zug des anderen. Gavín profitierte davon insoweit, dass seine Botengänge aufgrund der "Gefährlichkeit" und der "besonderen Lage" nun etwas teurer waren, was ihn aber immer noch günstiger machte als alle anderen. Denn er tat dies nur, um seine eigene Kasse aufzubessern und war eigentlich nicht darauf angewiesen.

Auf seinen Botengängen versuchte er auch Informationen über Anette und Diana herauszufinden. Er hatte ihren Verlust nicht überwunden und auch sein Versprechen nicht vergessen. Zuerst musste er herausfinden, wo sie waren und darin bestand leider das Hauptproblem, denn Sklavenhandel war eigentlich verboten.

Auf Basis dieses Wissens musste er davon ausgehen, dass jemand mit viel Geld die Silberfische bezahlt hatte für zwei schöne Mädchen, die Dienste verrichten konnten. Welche Dienste das sein sollten, wollte er sich nicht ausmalen. Viel Geld bedeutete meistens reiche Händler, schmierige Leute, Adel, oder die Kirche. Könige gab es nicht mehr, seitdem die Kirche die Monarchie abgelöst hatte und nun im Tempelpalast regierte.

Also musste Gavín vorsichtig agieren und hörte erst nur zu, stellte dann vorsichtige Fragen bei Unklarheiten und versuchte bei seinen Botengängen herauszufinden, wer gerade neues Personal außerhalb der Universität suchte.

Einer dieser Botengänge war allerdings eine Falle, was er zu dem Zeitpunkt allerdings nicht wusste. Es war alles ganz normal. Man traf ihn wie üblich, händigte ihm ein kleines, verschnürtes Paket aus und nannte ihm den Empfänger, der wie üblich das Geld haben würde.

Alles wie üblich, wurde das schon erwähnt?

Auf jeden Fall hatte irgendein schlauer Fuchs eine langsam reagierende, alchemistische Substanz zusammengebraut, die bei einer kritischen Masse eine kleine Explosion, Lärm und Hitze auslösen würde, was etwa auf der Hälfte des Weges mitten auf der Straße in Erdhawyrst passierte. Gavín spürte zuerst die Hitze, dann riss es ihm das Paket aus der Hand, welches zerfetzte. Licht, Lärm und Hitze brandete gegen seine Sinne und reflexartig duckte er sich weg, als mehrere Gestalten auf die Straße traten. Soviel konnte er noch sehen und sein erster Reflex war Flucht, was ihn allerdings direkt in ein Messer laufen ließ, was ihn seitlich erwischte. Nicht tief, aber die schöne Robe hatte nun einen Riss und seine ebenso schöne Haut einen blutenden Schnitt.

Gavín war zwar immer auf Ärger eingestellt gewesen, aber leider nicht mehr so gut ausgestattet wie damals bei den Silberfischen. Kein Feuer, keine Blitze, nur etwas Rauchpulver und Juckbomben. Wozu die Samen von Hagebutten alles so gut sein konnten, nicht wahr?

Dass er entkam, verdankte er dem Umstand, dass diese Banditen wohl genügend Informationen über ihn hatten, um ihm eine Falle zu stellen und sich nicht berühren zu lassen - denn er war ja mit Dämonen im Bunde -, aber auf kleine Phiolen mit großer Wirkung waren sie nicht gefasst gewesen.

Danach hielt er sich bedeckt, auch im Unterricht. Ohne Augenbrauen sah man nicht nur dauernd überrascht aus, sondern auch sehr doof und man fiel auf. Sillana lachte ihn aus, dann ermahnte sie ihn wieder und schimpfte, während sie ihm die Stichwunde nähte. Narben machten attraktiv oder wie war das?

Von da an nahm er immer andere Wege, hörte mit den Botengängen nicht auf, was ihn auch immer öfter in die verbotenen beziehungsweise fortgeschrittenen Bibliotheken der Universität und der Stadt brachte. Zuerst erkundete er nur in der Nacht die Gänge und Regale, bis seine Neugier so sehr geweckt war, dass er sogar in private Bibliotheken einbrach, um sich Zugang zu neuen Büchern zu verschaffen. Warum? Weil er es wollte und weil Wissen etwas war, was man mehren und nicht in staubigen Gruften verschimmeln lassen sollte.

Was er lernte, waren viele Techniken der Archäologie, dazu die Geheimnisse der Magie, aber auch unschöne Sachen wie Folter, Herstellung von Waffen, Informationen über Nekromantie oder die verbotenen Runen des Lebens und des Todes.

Das war das erste Mal, dass Gavín erfuhr, wie Wissen auf der Seele brennen konnte. Das machte ihn unsicher, fahrig, unvorsichtig. Er wurde von Logan, dem Meister für die Runenkunde, dabei erwischt, wie er versuchte, ein Buch zu entziffern, was die Anwendungsfälle der verbotenen Runen betraf.

Logan brachte ihn so neutral wie möglich vor den Rat der Meister, die Milde walten ließen, weil Gavín ihnen so glaubhaft wie möglich versichert hatte, dass es ihm nicht darum ging, das Wissen zu nutzen, sondern nur nach Wissen zu streben und dieses zu sammeln.

Dennoch straften sie ihn damit, dass er seine frühen Abende bis auf unbestimmte Zeit als Helfer in den Laboren und Lagerräumen verbringen sollte, indem er putzte, wegräumte, aushalf in der Logistik, aber keine Projekte anfassen oder begleiten durfte. Eine harte Strafe für einen angehenden Archäologen, trotz seiner Verdienste in Yenur zum Fund des Drachen oder seiner Fähigkeiten.

Sillana hatte auch hier wieder kein Mitleid, genauso wenig wie ihr Freund Thabo, der Gavín zwar freundlich zugetan war, aber die Universität und ihre Regeln mehr achtete.

Manchmal musste - oder durfte - Gavín Botengänge für die Meister und Lehrer unternehmen, die meistens daraus bestanden, aufbereitete oder frische Werkzeuge oder sogar neue Materialien aus der Stadt zu holen.

 

 

~~

 

 

Einer dieser Botengänge führte Gavín auf den großen Marktplatz von Erdhawyrst. Für Meister Roland sollte er eine Lieferung Feder, Tinte und Pergament abholen, die nicht über den normalen Hausversand geliefert werden konnte, da es seine private Anschaffung war.

Gavín war Meister Roland zugetan, da er Sillana in Schutz genommen und sein Möglichstes getan hatte, um den Querulanten Einhalt zu gebieten. Dummerweise war auch die Universität auf die Mittel der Familien angewiesen, also waren sie da in einer problematischen Situation. Was auch der Grund war für die eigenmächtigen Handlungen von Gavín und seine Bereitschaft, für die Meister - und insbesondere Roland - diese Sonderaufgaben zu erledigen, zusätzlich zum Dienst in den Laboren. Es gab dafür kein Geld, aber manchmal Gebäck, Tee oder andere, nicht vorteilsbringende Aufmerksamkeiten.

Der Marktplatz war, im Gegensatz zu denen in Dorstein, kein Hauptumschlagplatz für irgendwas, hatte also keine Priorität auf irgendeine Art von Ware. Zugegeben, er war groß, oval und um den großen Springbrunnen herum angelegt, sehr lebhaft sogar an Tagen, an denen kein großer Markt aufgebaut worden war. Musiker zeigten, was sie konnten, es gab Süßigkeiten und exotischere Getränke als Met und Wein an vielen Ständen, manchmal konnte man sogar Elben sehen und ganz selten Zwerge. Gewürze waren neben Pfeffer, Vanille, Kardamon und Anis häufiger vertreten als Pflanzenarten, denn auch die Dichter und Denker der großen Stadt mussten ihr Gehirn dann und wann gehörig durchblasen, also gab es auch Chili, das duftende Steinsalz aus dem Norden, und an guten Tagen die selteneren Ollora-Bohnen beziehungsweise das Pulver aus ihren Samen.

Gavín hatte die Besorgung für Meister Roland erledigt und sogar einen ledernen Beutel dazubekommen, der vor allem das teure Pergament schützen sollte. Er hatte sich den Beutel unter den Umhang geschnallt, den er über der Robe trug, damit nicht irgendein Langfinger auf dumme Ideen kommen konnte. Diese Langfinger waren selten in Erdhawyrst, aber sie kamen oft genug vor und Gavín wollte heute ausnahmsweise mal nicht auf der Hut sein.

Er stockte seine Ingredienzien auf, die er für seine eigenen Tinkturen brauchte, außerdem noch ein paar verkorkte Fläschchen, bevor er sich zwei Quarktaschen mit Honigüberguss kaufte und über den weniger belebten Marktplatz schlenderte. Heute hatte er nichts mehr zu tun, nur Meister Roland wartete gegen Abend auf seine Lieferung.

Bumm bumm bumm bumm...

Vibrationen erfassten seinen Körper, wanderten als Gefühl von den Füßen in seine Mitte und vom Kopf als Geräusch nach unten und trafen sich in seinem Magen.

Bumm bumm bumm...

Die Trommel war groß und laut und Gavín fand rasch den Ursprung der Schläge, denn fast jeder drehte sich zu der großen Bühne, die hinter dem Springbrunnen aufgebaut worden war. Der Druide folgte den Schlägen und ging um die Bühne herum, damit er sah, was dort gespielt wurde und wer so erpicht darauf war, ein mittelstarkes Erdbeben mit einer Trommel heraufzubeschwören.

Es war ein Zwerg. Sein dunkelbraunes Haar war zu einem dichten Zopf geflochten und mit Bändern fixiert worden, sein Bart hatte sogar noch mehrere silberne Bartperlen eingeflochten bekommen. Seine Beine steckten in einer Lederhose, sein Oberkörper war nackt und seine muskulösen Arme hieben mit je einem Schlägel in der Hand auf eine riesige, aufgehängte Trommel in einem Rhythmus ein, der in Gavín etwas Wildes, Fremdes, Feuriges zu entfachen suchte.

Irgendwo setzte eine Laute ein und ein hochgewachsener Mensch trat auf die Bühne, der irgendetwas spielte, was Gavín nicht kannte. Das Lied war ihm unbekannt und er war erstaunt, dass ein schwarzer Vorhang verschwand und dahinter eine rothaarige Frau zum Vorschein kam, die eine große, silberne Harfe an der Seite hatte und ihre Finger noch klanglos über die ebenfalls silbernen Saiten gleiten ließ, als würde sie prüfen, ob es nicht eine ätherische Erscheinung war, die sie da in der Hand hielt.

Eine Flöte, nein, eine Panflöte, fiel mit ein in das dumpfe, rhythmische Wummern der Trommelschläge und die Menge begann zu flüstern, als ein Kulthari auf die Bühne trat, einer der großen Ziegenmenschen mit großen, gewundenen Hörnern seitlich am Kopf. Von der anderen Seite trat eine Mondelbin auf die Bühne, spielte eine Violine, die sie an den schönen Hals gepresst hatte. Ihre Töne flogen präzise über die Menge und Gavín hatte das Gefühl, als würde kaltes Wasser in seinen Kopf fließen.

"Rak'h nuhl - atro-kuhl - bra-thul...", begann plötzlich der Zwerg zu intonieren, noch während er seine Trommel schlug und einen Rhythmus vorgab, in denen die Panflöte, die Laute und die Violine perfekt mit einflossen. Es hätte nicht funktionieren sollen, dennoch tat es das.

Als wären die zwergischen Worte nur ein Vorgeschmack gewesen, fiel die Rothaarige mit der Harfe nach dem zweiten Satz - Gavín vermutete jedenfalls, dass es ein Satz gewesen war - mit ein und begann dann zu singen.

Sie sang über Zwerge. Ganz genau verstand Gavín den Kontext nicht, in dem das Lied gesungen wurde, aber es schien um vergangene Traditionen der Zwerge zu gehen, bevor die Dunkelzwerge sich abgespalten hatten. Irgendetwas um Edelsteine, Stein an sich, der Rat ihrer Göttin und... Pilze?

Offenbar kannte man die Truppe, denn zwischendurch gab es immer wieder Beifall und auch zwischen den einzelnen Stücken. Es gab ein Lied über Dorstein und deren Einwohner, ein weiteres Lied erzählte von den Druiden - da wurde Gavín ganz hellhörig und fasste sich beinahe unbewusst an seinen Anhänger - und eines von den Elben, wie sie auf die Welt gekommen waren.

Wie gebannt blieb Gavín stehen, knusperte langsam und gedankenverloren seine Quarkteilchen weg und merkte erst, als die Truppe aufhörte zu spielen, dass es bereits auf den verlängerten Abend zuging und er eigentlich schon wieder bei Meister Roland hätte sein sollen.

Eilig stopfte er sich den Rest des Teilchens in den Mund, als die letzten Töne verklangen. Die Menge applaudierte, Beifall wurde laut, Blumen flogen durch die Luft und Münzen wurden gesammelt, teilweise flogen sogar hier und da ganze Geldkatzen, die auf der Bühne landeten und mit Kussmund, Verbeugungen und Beifall seitens der Darsteller in glückseligen Empfang genommen wurden.

Das war das letzte, was Gavín noch sah, bevor er sich durch die Menge kämpfte und zur Universität eilte. Er wollte wiederkehren, denn diese Truppe wusste einiges über Druiden und Gavín war nicht bekannt, dass irgendjemand Wissen weitergegeben hätte.

 

 

"Ah, Master Gavín!" Meister Roland winkte ihn heran. Gavín hatte ihn in seinem Arbeitszimmer in der Universität gefunden, wo er normalerweise auch Unterricht hielt. Da theoretische Magie abseits der Grundlagen eher weniger begeisterte Schüler wie Sillana und Gavín anzog, brauchte der Meister auch deutlich weniger Platz, was ihn allerdings nicht davon abhielt, Bücher über Bücher in Regale zu stopfen und sogar eine ansehnliche Sammlung der einzelnen Runen in Metallguss zu besitzen, die er besonders gerne zu Anschauungszwecken herausholte.

"Wie es ausschaut, habt Ihr alles bekommen?" Der Meister stand auf, seine rote Robe raschelte dabei leise. Ein Abendmahl stand schon vor ihm, es schien, als wolle er eine Nachtschicht einlegen.

"So ist es, Meister." Gavín schlug seinen Umhang zurück und ließ den Beutel hinabgleiten, überreichte ihn Meister Roland, der ihn erstaunlich begeistert durchsuchte und die einzelnen Bestandteile säuberlich auf dem Tisch aufreihte.

"Sehr gut, sehr gut...", murmelte der Mann vor sich hin und nickte bedächtig. "Ich nehme an, es gab kein Wechselgeld?"

"Nein, Meister." Beide nickten sich zu. Es gab ein paar Kupferdeut als Wechselgeld, die gab es immer, aber beide waren überein gekommen, dass es ein kleiner Bonus zu dem war, was die Meister ihm für seine Botengänge bezahlten.

"Verstehe. Ihr seht aus, als wärt Ihr gerannt und wollt sogleich weiter."

"Ja, Meister. Da sind ein paar Musiker und sie...uh...wie soll ich das beschreiben..." Er berührte den Anhänger unter der Robe. "Sie singen über Druiden, Elben und Zwerge. Sogar über Sachen, die mir nicht gelehrt worden sind."

"Die Silbersaiten?"

"Bitte?"

"Ah, Ihr kennt sie also nicht. Ein Zwerg, eine schlanke Rothaarige, eine Mondelbin, ein Mensch und ein...Kulthari?"

"Ja, genau!"

"Hm, ja, die Silbersaiten, so werden sie genannt. Aufgrund der Harfensaiten. Aber mehr verrate ich nicht." Der Meister tippte sich gegen die Nase. "Dann auf, junger Master, sputet Euch, die Nacht bricht bald herein."

"Ja, Meister. Danke, Meister!" Gavín machte auf dem Absatz kehrt und sputete sich, wie der Meister es empfohlen hatte. Als er allerdings den Marktplatz erreichte, war die Truppe bereits abgezogen, aber ein freundlicher Mensch wies ihm den Weg nach Osten, wo sich manche Schaustellergruppen niederließen, falls sie nicht sofort weiter mussten, vielleicht hatte er ja Glück.

Tatsächlich hatten sich einige Musiker und Schausteller im Osten nahe der Stadtgrenzen niedergelassen; Wagen bildeten Kreise, in deren Mitte bereits die ersten Lagerfeuer brannten und grauen Rauch in den herbstlichen Abendhimmel entsandten.

Normalerweise war die Drei die Zahl, auf die man trauen sollte, aber erst in der vierten Wagenburg nach Einbruch der Nacht fand er die Leute, die er gesucht hatte.

Eigentlich fanden sie ihn, denn plötzlich stand der Kulthari vor ihm und überragte ihn um fast einen Kopf. Die leicht lila gefärbte Haut wirkte in der dunklen Nacht fast schwarz und die rötlichen Ziegenaugen schienen im Feuerschein sogar noch mehr zu leuchten. Das war das erste Mal, dass Gavín einem Kulthari begegnete und dann auch noch so aus der Nähe. Die runden Hörner drehten sich nach oben und seitlich vom Kopf weg, was seinen Schädel - zusätzlich zu den Nackenmuskeln - noch massiger wirken ließ als er eigentlich war.

"Kann man helfen?", sprach der Ziegenmensch mit erstaunlich modulierter Stimme. Gavín war niemandem vorbehaltlich eingestellt, aber aus irgendeinem Grunde hatte er jetzt ein Ziegenmeckern erwartet.

"Kommt drauf an.", erwiderte der Druide mit einem Lächeln. "Ich bin eigentlich auf der Suche nach... irgendwas mit silbernen Saiten, sagte man mir."

Ein helles Lachen ertönte von hinter dem Kulthari. "Lass ihn herein, Caelliara. Wer uns noch zu so später Stunde beehrt, ist entweder verrückt oder ein Bewunderer."

"Oder ein verrückter Bewunderer.", grummelte eine dunkle Stimme, was wieder helles Gelächter ertönen ließ. Der Kultharia Caelliara trat beiseite - seine Beine waren wie die einer Ziege geformt und hatten Hufe anstatt Füße - und machte Gavín Platz, der in den Schein des Feuers trat.

Den Druiden musterten der mittlerweile wieder angezogene Zwerg mit den geflochtenen Bart- und Haupthaaren; die hochgewachsene rothaarige Menschenfrau, welche jetzt ein grau-blaues Leinenkleid trug und ihn belustigt-neugierig mit grünen Augen anschaute; der schlanke Lautenspieler, der seine Laute gegen die Mondelbin getauscht hatte, die an seiner Brust lehnte, lang hingestreckt zwischen seinen Beinen und eine elegante, verzierte Damenpfeife rauchte.

Zu den Füßen der Rothaarigen lag zusammengerollt eine orange gefärbte Katze auf einem schmalen Kissen und schaute Gavín noch im Halbschlaf an, ihr Schwanz zuckte träge hin und wieder.

"So verrückt schaut er gar nicht aus.", meinte die Rothaarige, die Mondelbin blies schmal lächelnd eine Wolke weißen Rauchs aus. Ihre eigentlich blaue Haut erschien in der Nacht samtschwarz, die silbernen Hautmarkierungen - etwas, was allen Elben in verschiedenen Farben zu Eigen war - schimmerten wie flüssiges brennendes Silber im Feuerschein.

"Aussehen kann täuschen.", lächelte sie die Rothaarige an, ihre Stimme sanft und warm wie die Wärme eines Ofens. "Vielleicht ist er auch genauso irre wie wir alle zusammen und täuscht uns mit seinem feinen Umhang darüber hinweg."

"Unfug", grummelte der Zwerg wieder, während er neues Holz auf das Feuer legte, "das Jüngelchen ist ein Druide. Er mag irre sein, aber ein Druide ist er dennoch."

"Oh wirklich?", rief die rothaarige Menschenfrau aus und sprang auf, was die Katze erschreckte, die sich auf den Rücken drehte und nicht wusste, ob sie fliehen oder bleiben sollte. Die Frau fasste Gavín an den Händen, ihre Finger erstaunlich kühl und rau vom Spielen der Harfe. "Wahrhaftig, ein Druide, hier in Erdhawyrst. Komm, komm, setz dich ans Feuer. - Yan, gib ihm doch etwas Ale, er sieht halb verdurstet aus."

Gavín wollte zuerst widersprechen, hielt sich dann aber geschlossen. Er hatte zwar Durst, aber von halb oder sogar ganz verdurstet war er noch weit entfernt. Dennoch war ihm das beinahe kochend heiße rote Ale sehr recht.

"Danke.", sprach er in die Runde. "So... ausschweifend bin ich selten empfangen worden."

"Bild dir darauf nichts ein.", sagte der Kulthari Caelliara und ließ sich schräg neben Gavín ins Gras fallen. "Amara ist rasch zu begeistern und wenn dann noch ein Druide ihr Bewunderer ist, ist sie kaum zu halten."

"He, das ist nicht wahr!"

"Wohl!", kam es aus allen Richtungen und die Rothaarige, die dann wohl Amara war, grinste verschmitzt. Das Spiel spielten sie wohl des Öfteren.

"Ich muss zugeben, dass ich bis heute Nachmittag nicht einmal wusste, dass es euch gibt." Gavín nippte an dem Ale. "Daher kann ich leider nicht sagen, dass ich ein Bewunderer bin."

"Und was führt dich dann her, junger Druide?" Amara hatte die Beine angezogen, den Kopf auf die Knie abgestützt und blinzelte ihn neugierig an. "Magst du uns wenigstens deinen Namen verraten?"

"Ah, sicher. Ich bin Gavín."

Die Musiker schauten sich an und Amara kicherte. "Nicht etwa Freyríns Sohn?"

Jetzt schaute Gavín dumm in die Runde. "Ja...woher kennt ihr meine Mutter?" Dann fiel es ihm wie Schuppen aus den Haaren. "Oooh, daher kennt ihr die Lieder und die Geschichten, die ihr heute gesungen habt. Wann seid ihr meiner Mutter begegnet?"

"Vor...drei Monaten etwa?" Der Zwerg, der sich nun als Yanmaec vorstellte, rieb sich den eingeölten Bart. "Sie wollte bei meiner Sippe vorbeischauen und von dort aus zurück nach Dorstein."

"Wir hatten eine sehr nette Unterhaltung mit ihr." Die Mondelbin lächelte versonnen und kraulte dem Menschen, den sie als Kissen benutzte, liebevoll das Kinn. "Das hier ist Ribald und ich bin Cinsihe."

"Die Geweihte?", wunderte sich Gavín halblaut, ob er das Wort richtig übersetzt hatte und die Elbin lachte.

"Ja, du sprichst unsere Sprache?"

"Würde ich so nicht sagen. Ein paar Phrasen und Wörter und etwas grundlegende Grammatik.", wiegelte Gavín rasch ab, bevor Erwartungen an ihn gestellt wurden, die er nicht erfüllen konnte oder wollte. "Aber erzählt, wie geht es meiner Mutter? Und wie kommt es, dass ihr über so...alte Sachen singt?"

"Was sollen wir denn zuerst beantworten?", fragte Ribald mit Schalk in der Stimme. "Warum wir so alte Sachen singen oder wie es deiner Mutter geht? Oder doch eher, wie es den alten Sachen geht und wieso wir über deine Mutter singen?"

"Bitte nicht." Gavín verzog das Gesicht. "Das wäre doch nicht angebracht."

"Warum nicht? Freyrín ist eine erfahrene, schöne und ... Au!" Cinsihe hatte ihm in die Wade gekniffen. "He, ist doch wahr!"

"So spricht man nicht von der Mutter eines anderen.", rügte sie ihn sanft. "Besonders nicht, wenn der Andere dabei ist."

"Kommst du mir jetzt wieder mit der Weisheit der Elben?"

"Ich komme dir mit gesundem Verstand." Sie klopfte ihm spielerisch gegen die Stirn.

"He, ich kann das besser!", rief der Zwerg aus und hob seinen Schlägel, was sowohl den Kulthari als auch die Menschenfrau in erneutes Gelächter ausbrechen ließ.

Caelliara wandte sich etwas zu Gavín. "Deiner Mutter geht es soweit gut. Sie sprach ganz aufgeregt davon, dass jetzt zwei ihrer Kinder in die Geschichte der Welt eintauchen und ihr Sohn vorher sogar ein Druide geworden war. Wir nahmen also richtig an, dass du das bist?"

Gavín nickte langsam. "Ihr müsstet euch vorher gekannt haben, sonst würde sie sicherlich nicht so freigiebig über mich reden." 

"Das nicht." Amara streichelte die Katze, welche sich genüsslich zur Seite rollte. "Wir sind uns über den Weg gelaufen, mochten uns und haben ein paar Tage miteinander verbracht."

"Das passiert bei ihr dauernd.", lachte Cinsihe, zog an ihrer Pfeife und entließ wieder wohlriechenden, schweren Rauch. "Amara zieht Personen in ihren Bann und lässt sie nie wieder los mit ihrem Feuer und ihrer Liebe."

Ribald hob rasch eine Hand. "Was sich wie eine ausschweifende Liebesnacht anhört, war eigentlich nur ein Austauschen von Informationen, Geschichten, etwas Tanz, Gesang und Getränke."

"Puh, gut." Gavín lächelte schmal. Er hatte sich seine Mutter wirklich nicht in einer ausschweifenden Liebesnacht mit diesen Personen vorstellen wollen. "Und da hat sie von mir erzählt?"

"Unter anderem.", nickte Amara, die keinen Anstoß an den Worten der Mondelbin genommen hatte. "Von deiner Schwester auch. Wir sind nicht wegen euch hier, aber es ist nett, jemanden zu treffen, der sowohl Druide als auch Archäologe ist."

"Sein wird.", korrigierte Gavín rasch. "Ich habe erst kürzlich angefangen zu studieren. Noch bin ich kein Archäologe, nur Druide."

"Hört ihn euch an." Yanmaec stellte die Trommel beiseite, die er wohl repariert oder eingestellt hatte. "Nur Druide... manche Menschen können kaum von Natterich zu Fliegenpilz unterscheiden und du könntest unser aller Kinder zur Welt bringen, ohne in Schweiß auszubrechen."

Cinsihe langte mit ihrem schlanken Arm zu dem Zwerg, griff an seine Schulter. "Kann ich deine Kinder haben?"

Yanmaec schnaubte grunzend. "Nimm die von Ribald, das würdest du wenigstens überleben."

"Wetten?"

"Kinder!", rief Amara aus, die drei Angesprochenen zuckten zusammen. "Macht das später, ihr habt seine letzte Frage noch nicht beantwortet."

Gavín schob das mentale Bild der Mondelbin zwischen den beiden Männern weit von sich und konzentrierte sich auf die Gegenwart. Eine weitere Frage drängte sich ihm auf, aber eins nach dem anderen.

"Warum wir über alte Sachen singen?" Ribald schlang einen Arm um Cinsihes Oberkörper, was die Frau fast verschwinden ließ, bevor er ihren Schopf küsste. "Weil Amara es so möchte. Wie könnten wir unserer Feuerstimme widersprechen, wenn wir doch so viel Geschichte haben, die es lohnt, erforscht zu werden?"

Amara lächelte immer noch versonnen, während sie die mittlerweile leise schnurrende Katze kraulte.

"Ich hatte eine Möglichkeit, das zu tun, worin ich gut war und was ich wollte, also kam ich mit.", ergänzte der Zwerg, Caelliara der Kulthari nickte zustimmend.

"Wie könnten wir sie nicht lieben und ihr folgen, wenn sie uns unsere Geschichte auf eine Art zeigt, die wir so noch nie gesehen haben?", schwärmte die Mondelbin leise mit einem Blick zu der rothaarigen Menschenfrau und dann wanderten ihre Augen hoch zu den sich langsam zeigenden Sternen.

"Wir Elben kennen unsere Geschichte. Unsere Zerwürfnisse. Aber wenn jemand wie Amara kommt und dir davon singt, wie der eigene Gesang sich veränderte, weil du an den Mond glaubst... wie sie sich in Büchern, Stein- und Tontafeln, Pergamentrollen, Piktogrammen und dergleichen vergräbt, dich mitzieht mit ihrer Leidenschaft und aus dem Wissen ein Lied vorträgt..."

Jeder nickte, als die Elbin geendet hatte. Sie sog nur nachdenklich an ihrer Pfeife, der Rauch waberte nur langsam höher in die Luft.

"Ribald half mir.", sprach Amara leise. "Nachdem ich beim Vorsingen am Königlichen Hofe ausgeschieden war. Ich spielte früher die Laute, jetzt die Harfe, welche ich in Methellona erstanden habe." Ein Schauer überlief Gavín, eine Mischung aus angenehmer Erinnerung, Wut und Verlust. "Nachdem wir eine Einladung von den Zwergen erhalten hatten, mussten wir zwei ihrer gängigeren Lieder spielen."

"Wir hatten keine Ahnung.", grummelte Ribald. "In nicht ganz drei Tagen lasen wir uns durch mehrere Dutzend Bücher, schlossen viele Lücken in der zwergischen Sprache und lernten auch die Möglichkeiten der Lieder. Sie waren zwar vorgegeben, aber offenbar gab es mehrere Dutzend Varianten, mehr oder weniger bekannt."

"Wir spielten eine der gängigeren Arten. Huch, he." Amara lachte, als die Katze sich aufrappelte und sich in ihren Schoß legte. Die Frau schob einen Arm unter das Tier, welches die Vorderpfoten um ihren Arm schlang. "Da ist wer bedürftig. - Wie auch immer, wir spielten und Yanmaec bot uns an, Wagen und Trommeln für uns zu bauen. Und wie du offensichtlich gehört hast, ist er auch sehr gut an der Trommel."

"Als Schmied muss er das auch sein.", warf Caelliara gütig mit seiner wohlklingenden Stimme ein.

"Wieso?", fragte Gavín nach.

"Nun, er kann besonders gut Dinge in einem bestimmten Rhythmus schlagen."

Gavín versuchte das Lachen zu ersticken, heraus kam ein trockenes Husten, also trank er noch von dem kälter werdenden Ale. "Ja, das kann er wohl. Die Schläge waren es, die mich neugierig machten. Zu überhören waren sie jedenfalls nicht."

"Gut", brummte der Zwerg hinter seinem Bart, "das war ein Lied meiner Familie. Vor der Zersplitterung, bevor es die Dunkelzwerge und ihre Göttin gab."

"Göttin?"

"Alamori." Amara sprang rasch ein. "Eine dunkle Göttin des Feuers, welche den Zwergen Macht und langes Leben versprach. Da kommen wir gerade her, aus Gorablor. Wir waren eingeladen, um auf dem Geburtstag der Königin zu spielen, auf Einladung ihres Gemahls."

"Eine Einladung des Königs schlägt man nicht aus.", warf Yanmaec düster ein. "Nicht einmal vom König der Dunkelzwerge."

"Nein", lächelte die Menschenfrau schief, "das sollte man nicht tun und ich war mehr als neugierig darauf, mehr über Alamori zu erfahren."

"Was uns mehrere Tage, den halben Lohn und sehr viel Schlaf kostete.", kicherte Cinsihe. "Wobei es sich lohnte, wenn man das so sagen darf."

"Dass wir noch leben, finde ich einen größeren Lohn, mein Mond.", sprach Ribald leise in ihr blau-weißes Haar, bekam von der Elbin einen sanften Kuss, als Amara weitersprach.

"Wie auch immer, herausgekommen ist das Lied von Stein und Feuer. Wir singen über die Göttin, ihre Verbindung zu den Dunkelzwergen, ihre Macht, ihr Schaffen und was sie den Zwergen gibt." Sie zwinkerte Gavín zu. "Und lassen sie im besten Feuerschein dastehen."

Der Druide lächelte zurück. Er begann, diese Truppe zu mögen. Sogar den Kulthari, mit dessen Volk er bisher nur aus der Ferne Berührungspunkte gehabt hatte. "Und was macht ihr jetzt, nachdem ihr so heldenhaft gesungen habt und entkommen seid?"

"Wir untersuchen das Buch der Farben und den Glauben um die Drachen und Lanialellara.", erwiderte Amara mit etwas, was wie religiöse Überzeugung klang. Als Antwort grinste Gavín nur schief und zog den Anhänger unter seiner Robe hervor. Sie lachte und die Truppe gab Jubelgeräusche von sich, Ribald klatschte sogar kurz in die Hände und Yanmaec füllte Gavín heißes Ale nach.

"Danke." Der Druide räusperte sich. "Ihr kommt also viel rum?"

"Wir sind fast nur unterwegs."

"Dann... hm, ich weiß nicht, ob ich euch darum bitten soll...oder überhaupt den Anspruch darauf..."

"Spuck es aus, Jungchen.", grummelte Yanmaec, stützte einen Arm auf seinem Knie auf, die dunkelbraunen Augen glühten im Feuerschein wie frisch entfachte Kohlen. "Was will dein Stein sagen?"

Gavín blinzelte, als er die Umschreibung hörte, die seit langer Zeit niemand mehr zu ihm gesagt hatte.

"Ich...es geht um Liebesdinge..."

"Oooooh!" Cinsihe richtete sich auf. "Jetzt erzähl. Wer hat dich bestohlen?"

"Die Silberfische." Der Druide hob die Hand und erzählte seine Geschichte diesen fremden Personen aus allen Völkern, angefangen vom Fund des toten Drachen zu seinem Besuch in Dorstein über seine Zeit in Methellona, seine Weihe und die Ankunft an der Universität.

"Ich dachte", schloss er, als seine Geschichte endete, "ihr könntet bei euren Reisen schauen, ob irgendwer zwei Frauen gekauft hat, die auf Diana und Anette hören. Letztes Jahr. Sklavenhandel ist verboten, ich weiß, aber Geld macht vieles möglich."

"Hast du nicht erzählt, du hast eine Frachtliste gestohlen?", fragte Caelliara nach. "Steht das da nicht drin?"

"Die..." Gavín schlug sich an die Stirn. "Aber sicher! Wie konnte ich nur so blöd sein?"

"Wald vor lauter Bäume." Der Kulthari machte eine Bewegung, die ausschaute wie ein Achselzucken. "Aber was erwartest du jetzt von uns?"

"Nichts." Der Druide schüttelte den Kopf. "Ihr müsst gar nichts tun. Ich wollte nur fragen, ob ihr die Namen darauf verifizieren könnt, den Rest würde ich übernehmen."

"Den Rest?" Amara neigte den Kopf zur Seite. "Wenn wir dir helfen sollen, ihre Herren umzubringen, werde ich ablehnen. Wir sind Musiker mit historischem Bezug."

"Das ist mir klar!", rief Gavín schon fast verzweifelt aus. "Ich will nur wissen, ob sie da noch sind oder ob es diese Leute überhaupt gibt. Ich weiß nicht, wie die Ladelisten aussehen, das hab ich nie sehen dürfen."

"Fragen kostet nichts." Ribald schaute zu Amara, sein ergrauender Bart ließ ihn noch weiser im Feuerschein aussehen. "Soll er uns die Namen geben, alles andere ergibt sich dann."

"Es ist nicht unsere Priorität.", warnte Amara mit erhobenem Zeigefinger, der andere Arm hielt noch die schlafende Katze. "Und wir haben keinen zeitlichen Rahmen dafür."

"Ja, Silberstimme.", grinste der Mann schief, gab der Mondelbin in seinem Schoß einen Kuss auf den Schopf. "Ich will uns auch nicht in Gefahr bringen oder auf Abwege führen."

"Das wird niemand von uns.", bestimmte Amara und nickte, als wäre das Thema damit erledigt.

Cinsihe schaute Ribald von unten her an. "Darf ich jetzt?" Der Mann hob nur eine Schulter und grinsend löste sie sich aus seiner Umarmung und kam näher. Amara rollte mit den Augen und wandte sich wieder der schlafenden Katze zu.

So war Gavín noch nie geküsst worden. Geschweige denn von einer Mondelbin.

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